10-teilig | 50 x 60 x 100 cm | Polaroids, Vitrine (Holz, Glas, Siebdruck) | 2014




Die Arbeit INES setzt sich mit der Thematik Störfälle und Atomunfälle in kerntechnischen Anlage auseinander. INES besteht aus 10 deformierten Polaroids, welche in einer speziell angefertigten Vitrine präsentiert werden.

Der Titel der Arbeit führt, zwar im ersten Moment verschlüsselt, direkt in den Kern der Thematik. INES ist die Kurzform der Internationalen Bewertungsskala für nukleare Ereignisse und ist abgeleitet von der englischen Begrifflichkeit International Nuclear Event Scale. Sie dient zur Einstufung sicherheitsrelevanter Ereignisse, im Speziellen Störfälle und Atomunfälle in kerntechnischen Anlagen, auf einer Skala von 0 bis 7. Sie wurde 1990 eingeführt, um durch eine klar abgestufte und international einheitliche Bewertungsskala, eine rasche Information der Öffentlichkeit über die sicherheitstechnische Bedeutung meldepflichtiger Ereignisse in kerntechnischen Anlagen zu ermöglichen und damit die gegenseitige Verständigung zwischen Fachwelt, Medien und Öffentlichkeit zu erleichtern.

Die Arbeit zeigt, im Internet recherchierte und vom Computerbildschirm mit einer Polaroidkamera gefertigte, Reproduktionen kerntechnischer Anlagen. Das einzelne Polaroid wurde nach der Belichtung und im Prozess der Entwicklung, Temperaturen zwischen 150° C und 250° C ausgesetzt. Dadurch erfährt die Sofortbildfotografie Störungen im Entwicklungsprozess, welche sich auf die Struktur der Oberfläche, die Farbigkeit und die Herausbildung des Motivs auswirken. So entstehen Risse und Löcher und das Objekt wölbt und verformt sich. Die Herstellung des für die Arbeit relevanten Endbildes trägt einen starken experimentellen Charakter, wodurch das Aussehen und die Deformation des Polaroids nur bedingt zu kontrollieren sind.

Die Fotografien zeigen eine Auswahl kerntechnischer Anlagen, welche nach der INES-Skala mit 4 oder höher eingestuft wurden. Im Einzelnen sind dies: Chalk River/Kanada, Idaho Falls/USA, Kyschtym/Russland, Windscale/England, Lucens/Schweiz, Belojarsk/Russland, Three Mile Island/ USA, Tschernobyl/Ukraine, Tokaimura/Japan und Fukushima/Japan. Abgebildet sind jeweils Teile der Reaktoren, Zerstörungen nach Unfällen oder weite Geländeaufnahmen.

Der Prozess der Zerstörung des fotografischen Materials überführt die Sensibilität der technischen Anlagen zur Erzeugung von Energie. Die Wahl des Polaroids liegt in den Eigenschaften des Materials. Es bietet nicht die Möglichkeit zur fotografischen Perfektion. Schärfe, Farbtemperatur und Bildausschnitt sind nicht hundertprozentig kontrollierbar. Auch ist die Konservierung auf Zeit schwierig, da es sich auch hier verändert. Die Motive der Reihe INES wirken wie Fundstücke aus den Sperrzonen der Atomunfälle. Sie scheinen Zeugen und Relikte aus den Ruinen der Katastrophen zu sein.

Die Polaroids werden in einer selbst gefertigten Vitrine aus Holz präsentiert. Durch den Schutz der Glasplatte wird die Behauptung eines möglichen Fundstückes und ihr musealer Charakter verstärkt. Die Glasplatte ist mit einer Beschriftung im Siebdruckverfahren, der einzelnen kerntechnischen Anlagen und ihrer Einstufung nach der INES Skala, versehen.

Resümee
Unfälle in kerntechnischen Anlagen sind keine Sonderfälle, wie Katastrophen von Tschernobyl und Fukushima suggerieren. Von Menschen geschaffene Technik und Prozesse sind nicht im Gesamten kontrollierbar und bedürfen einer besonders hohen Sicherheit. Die Arbeit INES möchte nicht werten, sondern versucht vielmehr aus der Sicht des Feldes der Fotografie, parallelen zu finden und zu ergründen. Auch ein Kunstwerk ist Vorgängen ausgeliefert, die der Künstler nicht gänzlich überschauen kann. Durch den radikalen Umgang mit Material und Motiv wird der Zerfall des Mediums vorweggenommen und überhöht offen gelegt. Die Korrespondenz zwischen Kerntechnik und Fotografie wird versuchsweise verortet.






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